Verbraucherumfrage Elektromobilität

Elektromobilität gilt weltweit als eines der Zauberworte in Politik und Wirtschaft. Sie soll helfen, die Belastungen der Umwelt durch einen Rückgang von verkehrsbedingten CO2-Emissionen zu reduzieren und damit langfristig die globale Erderwärmung zu stoppen. Zugleich soll die ökonomische Leistungsfähigkeit der Leitindustrien der fortgeschrittenen Industrieländer – der Automobilindustrie und des Energiesektors – gesichert und weiterentwickelt werden.

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, Deutschland zu einem der Vorreiter von umweltfreundlicher Mobilität zu machen. Als Zwischenetappe auf diesem Weg steht das Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2020 rund eine Million Elektroautos auf deutsche Straßen zu bringen. Im Jahr 2030 sollen sogar bereits sechs Millionen Elektromobile auf deutschen Straßen unterwegs sein. Aber selbst die Bundesregierung zweifelt im Frühsommer 2017 an der Erreichbarkeit ihrer eigenen Vorgaben.

Wie bewerten die Verbraucher in Deutschland die aktuelle Situation? Passen die Angebote des Elektromobilitätsmarkts, vereinfacht formuliert, zu den Wünschen und Anforderungen der Verbraucher in Deutschland? Die vorliegende Untersuchung, die auf einer repräsentativen Online-Umfrage von 1.017 Verbrauchern im Alter von 18 bis 69 Jahren basiert, befasst sich mit der für viele Verbraucher noch hypothetischen Anschaffung eines Elektroautos und dem zu Grunde liegenden Basisthema „Mobilität“.

Die Kernergebnisse im Überblick

Der Besitz eines Elektromobils ist bei deutschen Verbrauchern „nicht weit verbreitet“, wie auch ein Blick auf die aktuelle Zulassungsstatistik belegt. Allerdings geben rund sechs Prozent der befragten Verbraucher an, „die Anschaffung eines Elektromobils in den nächsten 12 Monaten“ zu planen. Und weitere 35 Prozent der Verbraucher sagen, dass sie „schon einmal über die Anschaffung eines Elektromobils nachgedacht“ haben. Jedoch hat eine deutliche Mehrheit der Verbraucher in Deutschland (56 Prozent) „noch nicht über eine Anschaffung nachgedacht“.

Ökologische und wirtschaftliche Aspekte und die Sicherung von „Unabhängigkeit“ spielen bei deutschen Verbrauchern bei der Bewertung von (Elektro-)Mobilität mit über 60 Prozent der Nennungen die Hauptrolle. Zudem gibt jeweils ein Drittel der Verbraucher an, „lieber schon heute ein Elektroauto als ein Auto mit herkömmlichem Antrieb fahren“ zu wollen und wären „bereit, mehr Geld für Produkte auszugeben, wenn diese umweltschonender sind“.

Die meisten Verbraucher nennen eine „zu geringe Reichweite“ und die Angst vor Technikproblemen mit dem Akku als Haupthemmnisse für einen Umstieg auf ein Elektromobil. Der Ausbau öffentlicher Ladestationen steht daher mit 83 Prozent der Nennungen auf Platz eins der von den Verbrauchern gewünschten staatlichen Fördermöglichkeiten. Danach folgen mögliche Steuerermäßigungen (72 Prozent) sowie Prämien und Zuschüsse (68 Prozent) für den Kauf von Elektromobilen. Auf Rang vier der gewünschten Fördermöglichkeiten rangiert der Wunsch, die Bezahlmöglichkeiten bei der Bezahlung der Elektromobil-Aufladung (64 Prozent) zu vereinfachen und zu vereinheitlichen.

Die befragten Verbraucher wünschen bei der Frage nach dem bevorzugten Bezahlweg bei der Betankung resp. Aufladung des eigenen Elektromobils mit Abstand am häufigsten die Optionen „Bezahlung mit Hilfe einer speziellen Zugangs-Karte“ (35 Prozent) oder „per Dateneingabe, um direkt an der Ladestation zu bezahlen“ (30 Prozent). Bei der Frage nach der dafür bevorzugten Bezahlart wünschen sich die meisten Verbraucher (31 Prozent) Bezahlsysteme, wie z. B. PayPal oder Sofortüberweisung.de. Danach folgen das elektronische Lastschriftverfahren, die Kreditkarte (jeweils 21 Prozent) und die Bezahlmöglichkeit „auf Rechnung“ (19 Prozent).

Alles in allem zeigen sich die befragten Verbraucher derzeit noch eher skeptisch, ob die von der Politik vorgegebenen zeitlichen Ziele erreicht werden können. Nur fünf Prozent der Befragten glauben, dass der Besitz und die Nutzung von Elektromobilen in Deutschland „in zwei Jahren“ selbstverständlich“ sein werden. Weitere 14 Prozent gehen von einer Frist von drei bis fünf Jahren aus. Und jeweils etwa vier von zehn Befragungspersonen halten eine Frist von fünf bis zehn Jahren (38 Prozent) resp. von mehr als zehn Jahren für realistisch (43 Prozent).

Pressemitteilung lesen

„Auch wenn die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen derzeit noch gering ist, das Thema E-Mobilität bleibt ein Dauerbrenner. Die stetige Verbesserung der Ladeinfrastruktur und der Akku-Reichweiten sorgen für mehr Akzeptanz. Mehr Informationen über die tatsächlichen Leistungspotenziale der E-Mobilität und die Entwicklung eines einfachen, einheitlichen Bezahlsystems in Hinblick auf die zukünftig mit Sicherheit kostenpflichtige Aufladung würden diesen Prozess verstärken. Nicht von heute auf morgen, aber mittel- und langfristig.“

Manuel Friedrich
Experte für die Branche Energiewirtschaft bei Boniversum

Der Blick in die Zukunft „zwischen Ernüchterung und Hoffnung“

Die Umfrageergebnisse sind ernüchternd und hoffnungsvoll zugleich und korrespondieren mit der tatsächlichen Lage der Elektromobile im deutschen Automobilmarkt. So zeigt ein Blick auf die Zahl der gesamten Pkw-Neuzulassungen, dass der Elektromobilitätsmarkt hierzulande „noch stark ausbaufähig“ ist. Und auch die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Nachfrage nach Elektromobilen derzeit und in näherer Zukunft eher gedämpft bleiben wird.

Aus Sicht der Verbraucher sprechen gegenwärtig zwar viele Gründe für, aber auch nicht wenige gegen die Anschaffung eines Elektromobils. So war beispielsweise Ende April 2017 bekanntgeworden, dass Diesel-Pkw sogar noch deutlich schmutziger sind, als bisher angenommen. Die EU-Grenzwerte für gesundheitsschädliche Stickoxide werden von Diesel-Fahrzeugen demnach viel stärker überschritten als bisher angenommen. Dies zeigten neue Berechnungen des Umweltbundesamts, die auch erstmals die in Deutschland typischen Außentemperaturen berücksichtigt hatte. Ob dies zu einem merklichen Anstieg der Nachfrage von Elektromobilen führen wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Auch liegen die durchschnittlichen Kaufpreise für derzeit erhältliche Elektromobile noch weit über den von Befragungspersonen genannten Budgets, die diese im Durchschnitt für den Kauf eines Elektromobils bereitstellen würden (18.100 Euro). Die Kaufzurückhaltung der Verbraucher liegt offensichtlich weiterhin trotz zugesicherter Kaufprämien (derzeit 4.000 Euro) in bekannten und zum Teil vermuteten Problemen wie der Begrenztheit der (internen und externen) Reichweite von Elektromobilen bzw. der Verfügbarkeit öffentlicher Ladestationen und der Angst vor technischen Problemen (wie Defekten im Akku) begründet.

Der weiter voranschreitende Ausbau des Elektrotankstellennetzes einerseits und die zunehmende Optimierung der Akkukapazitäten der Elektromobile selbst führen bislang offensichtlich noch zu keiner deutlich-nachhaltigen Nachfragesteigerung. Allerdings bewerten Personen, die sich für die Anschaffung eines Elektromobils interessiert haben oder gar eines besitzen, die Problembereiche von Elektromobilen weniger dramatisch als diejenigen Personen, die sich entweder weniger oder gar nicht mit dem Thema befasst haben. Kommunikationsexperten empfehlen daher Herstellern von Elektromobilen, großes Augenmerk daraufzulegen, möglicherweise bestehende Vorurteile bei Verbrauchern abzubauen und die Vorteile von Elektroautos wie den geringen Verschleiß und die verzögerungsfreie Beschleunigung herauszustellen.

Ein weiterer, häufig genannte Wunsch der befragten Personen ist die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Bezahlmöglichkeiten bei der Bezahlung der Automobil-Aufladung. Der Verbraucher wünscht sich offensichtlich mehr Informationen und mehr verbindliche Orientierung, wie er die Aufladung bzw. die Betankung eines Elektromobils bezahlen kann. Die befragten Verbraucher wünschen bei der Frage nach dem bevorzugten Bezahlweg bei der Betankung des eigenen Elektromobils mit Abstand am häufigsten die Optionen „Bezahlung mit Hilfe einer speziellen Zugangs-Karte“ oder „per Dateneingabe, direkt an der Ladestation zu bezahlen“. Bei der Frage nach der bevorzugten Bezahlart für die Betankung / Aufladung der Elektromobile bevorzugen mit Abstand die meisten Verbraucher moderne Bezahlsysteme, wie z. B. PayPal oder Sofortüberweisung.de. Ob eine Vereinheitlichung der Bezahlarten oder ob das gleichzeitige Angebot verschiedener Bezahlarten dazu beiträgt, bestehende Abneigungen oder Hemmnisse bei den Verbrauchern in Deutschland zu senken, wird die Entwicklung der nächsten Jahre zeigen. Das Ziel sollte aber auf jeden Fall sein, dass jeder Elektroautofahrer überall – am besten nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa – simpel und schnell bezahlen kann. Eine sich nicht an den Kundeninteressen orientierte Bezahlsituation hemmt eine massenhafte Verbreitung der Elektromobilität.